
Ein Telefongespräch hat etwas bestätigt, was nicht zu erwarten war. Nach vierzig Jahren Freundschaft offenbart sich, dass eine gewisse Lebensunlust Einzug gehalten hat. Nicht zwischen zwei Freunden, nein: Die Unlust ist dem Leben zugesprochen, weil die Einsicht zeigt, dass das Rad das Immergleiche offenbart. Das Rad des Lebens ist gemeint. Denn es scheint so, dass das, was es bereithält, immer das Gleiche ist. Wie eine Maschine produziert das Leben nur das, wozu es erschaffen ist. Gerade so, als spule das Leben ihre Programmierung ab und beginnt von vorn, wenn der Code das Ende erreicht hat. Automatisch. Manche Programme sind sehr kurz, andere sehr viel länger und es ist kaum zu erkennen, dass sie sich wiederholen könnten. Dennoch tun sie das, auch die Langen.
Wovon genau ist die Rede? Vom täglichen Leben, welches sich wie ein Band, ein Wurm oder Strahl zieht. Dabei ist es egal, wohin gesehen wird. Alles wiederholt sich gähnend lange. Worum ging es in dem einen Telefonat zwischen den beiden Männern, die nicht genannt werden möchten. Vielleicht aus Scham, oder der Offenbarung wegen, dass ihr Leben immer kleinere Kreise dreht. Es ging darum, dass sie bemerkten, dass ihr Leben aus nur wenigen gleichen Rhythmen besteht. Das tägliche Ritual beim Aufstehen am Morgen. Der Weg zur Arbeit, die Tätigkeit während der Arbeit, die die Menschen erledigen. Das Umfeld, das Verhalten der Nachbarn. Alles scheint in den immer gleichen Bahnen zu verlaufen. Selbst das Reisen durch die Welt offenbart einen gewissen Rhythmus. Wer nicht an den immer gleichen Strand oder zum Dauercampen fährt, der tingelt lustfreudig durch die Welt. Wer genauer hinsieht, erkennt gewisse Muster, die sich wiederholen. Sie sind wieder die gleichen Dinge, auch wenn sie die Gabe der Verwandlung haben. Was ist gemeint? Eine Reise ist immer ein Weg, der von einem Punkt zu einem anderen Punkt führt. Das Bestaunen von Gebäuden und Einrichtungen. Die Begegnungen mit fremden Menschen und deren Geschichten. Baden in unbekannten Gewässern oder das Wandern in den Bergen. Ein mutiger Pilot fliegt mit seinem Schirm oder springt von Brücken. Da ist sie wieder, die immer gleiche Wiederholung dessen, was gemacht wird. Klar sieht der Punkt »A« anders aus als der Punkt »B«, keine Frage, doch das, was die beiden Punkte miteinander verbindet, ist das, was an diesen unterschiedlichen Punkten gemacht wird.
Wenden wir den Blick zurück zu dem, was fast alle Menschen gemeinsam haben. Sie müssen arbeiten gehen, um Geld zum Leben zu haben. Das Wort »Verdienen« ist absichtlich unterdrückt, obwohl es den Kern trifft. Der allgemeine Mensch muss dienen, damit er mit Geld belohnt wird, was hälftig geteilt und abgenommen wird, bevor er es in Händen halten kann. Was muss der Mensch tun, um Geld zu haben? Genau, die immer gleiche Arbeit. Tagein, tagaus. Selbst, wer den Job wechselt, wird im neuen Job stets das andere Gleiche tun. Große Stimmen sagen: »Übung macht den Meister und wer wiederholt wird zu Meister.« Dem ist nicht zu widersprechen. Doch wozu das Ganze? Was hat ein Arbeiter davon, dass er sein Leben lang Beilagscheiben stanzt? Was hat ein Bäcker davon, wenn er sein Leben lang Brötchen bäckt? Insgesamt dienen sie der Masse, ihrem Volk, der Menschheit. Keine Frage. Doch die anderen Menschen tun in der Regel auch etwas, was der Gesamtheit dient, selten, aber ihnen selbst. Bevor der Blick auf das Größere gerichtet wird, ist wichtig zu erkennen, dass es nicht darum geht, dass jeder mit dem erschufteten Geld sein Leben bezahlen muss, denn im Grunde arbeitet der Mensch dafür, dass er leben und arbeiten darf. Die Frage ist die: Was macht die Menschheit insgesamt? Was stellt sie dar und wem dient sie genau? Denn wie im Kleinen, so im Großen. Der einzelne Mensch dient meist seinem Herren, der sich als Arbeitgeber ausgibt, was im Grunde wieder nicht richtig ist, denn der, der arbeitet, gibt seine Arbeit und der das fertige Werk annimmt, ist der Arbeitnehmer, weil er es annimmt. Zurück zur Frage: wenn die unumstößlich kosmische Gegebenheit besagt, dass es im »Kleinen wie im Großen« ist. Wem also dient die Menschheit in Wahrheit? Wer klar im Geist ist, sieht, dass der Mensch nicht sich selbst dient, denn dann wäre er nämlich frei, in allen Belangen.
Weil das ganze Spektakel wegen seiner Unfreiheit schmerzt, muss der Mensch sich von seinem immer gleichen Stumpfsinn ablenken. Er will für kurze Momente das vergessen, was ihm abgenommen und was ihm satt dessen antrainiert wurde. Und jedes Training beginnt mit »Gehorsamkeit« und Unterdrückung der »Individualität.« Große Worte sprechen von: der Schule des Lebens, was in Wahrheit Sklaventum ist. Um dem Ganzen entfliehen zu können, wird dem Menschen großzügig Urlaub gewährt, damit er sich vom Wahn, den lauten Gedanken, vom Schrei nach Freiheit, vom Schmerz der Unterdrückung ablenken kann. Dann gehen die Tore der Freizeit auf, was als »Vergnügen und Freiheit« bunt dekoriert ist. Party, Strand, Besäufnis, Reisen und all die schönen Dinge, die Freude bereiten, weil sie verknappt werden. Nun bekommt der Clown seine Pappnase, denn das, was uns als Vergnügen präsentiert wird, muss bezahlt werden. Genau, bezahlt. Niemand bekommt seine Freizeit geschenkt.
Deine Gedanken sind zu hören. Klar gibt es Menschen, die sich alles leisten können, die genug haben, denen die Welt offen steht. Sei dir bewusst, dass das zur Schmierenkomödie dazu gehört. Stell dir vor, was wäre, wenn es diese »Vorbilder« nicht geben würde, denen wir alle nacheifern? Dann nämlich würde die Masse erkennen, dass etwas gänzlich faul ist. Sie würde erkennen, dass sie versklavt sind und in einem großen Käfig gehalten werden. Nur mit dem Gefühl der »Freiheit« und den Täuschungen, dass mehr zu erreichen wäre, bleibt der Sklave Mensch schön brav dort, wo er ist und schreit nach immer mehr, vom Immergleichen.
Denke darüber nach, was das immer gleiche sein könnte, wonach auch du gierst. Sei es Politik, Geld oder Gesetze. Sei dir bewusst, dass du dich nur damit selbst begrenzt, denn die Versklavung findet in deinem Kopf statt. Denn das, was du nicht kennst, siehst du auch nicht und was du nicht siehst, willst du auch nicht.