Hannas Blog Beitrag #4

Vom Spagat wird erzählt, dass er nur etwas für Geübte sein wird. Doch der ist gar nicht gemeint. Die Rede ist vom geistigen Spagat, der versucht, zwei Ebenen miteinander zu verbinden. Die eine Ebene ist das Weltliche, Schöne und Genussreiche. Das, was Freude bereitet, Spaß macht und gleichsam wunderbar schmeckt. Kaffee und Bier, als Ersatz für das Unausgeschlafene oder Herunterfahrende. Hoch erkoren auf dem Thron sitzend, in jedem Film oder Werbung heimlich eingefügt. Gerade so, als sei es »normal«, dass der Mensch frühmorgens unausgeschlafen seine Sinne mit Kaffee erwecken müsste. Nichts zeigt deutlicher, dass Ausschlafen eleganter und vor allem gesünder wäre. Doch zurück zum Spagat, der versucht eine zweite Ebene einzubinden, nämlich die, die ständig versucht, die Dinge zu hinterfragen und als, sagen wir, das, was nicht guttut oder den Geist und Körper erkranken lässt. Dieses Pingpong im Kopf zwischen der Vernunft und dem Genuss drückt es vielleicht deutlicher aus. Womöglich hatte die Bibel doch Recht in dem einen Punkt (Jakobus 1,14-15), der sagt, »Versuche der Widerstehung.« Nein, »Widerstehe der Versuchung.« Warum soll der Mensch einer Versuchung widerstehen, wenn die Schokolade und der Hardrock so schön im Kopf knallen? Warum? Weshalb soll sich der Mensch nicht etwas gönnen und auf ein Heavy-Metal-Konzert verzichten? Pizza aus der Schachtel einverleiben und gleich noch ein Sektchen dazu. Wunderbar bequem, weil die Arbeit im dritten Job ohnehin genug Zeit raubt. Also gönn dir doch mal was, denn der Retortenkäse ist heute im analogen Angebot. Wennschon, dennschon, gehen die Paar neuen Schuhe auch gleich mit. Nee, nicht im Laden. Bequem online, denn es kostet doch nichts, weil die Pizza sonst kalt wird und nach Karton und Chemie schmeckt.
Wo wollten wir hin? Ach ja, zum Spagat, der die Ebenen verbindet. Diese Abweichungen sind aber auch zu süß, um zu widerstehen. So, jetzt ist die Spur verschneit, und der Lieferant findet das Namensschild nicht. Dumm gelaufen, denn die Waage zeigt ein paar Pfund mehr an als vor drei Wochen. Zum Batteriewechsel müsste der Klient sich bücken, was auch schon schwer wird. Na ja, das Bier ist im oberen Fach gelagert. Gönn dir was. Und hast du schon gehört? Nein, was denn? Das Flugbenzin soll im Herbst teurer werden. Dann lass uns schnell noch einen Urlaub buchen. Alles inklusive. Wennschon, dennschon. Du hast es schließlich hart verdient. Nur mit dem Spagat wird das nichts mehr, weil das süße Leben so verlockend ist.
Die Stimmen im eigenen Kopf werden immer leiser, die versuchen, Vernunft anzugedeihen. Sie versuchen zu erinnern, dass es etwas gibt, was vollends übersehen wird. Oder auch soll. Das ist eine Betrachtungsweise und liegt eben im Ermessen des Einzelnen und hat nichts mit der Bildungsschicht zu tun, weil … vielleicht erspart sich das jetzt. Selbstdenken erwünscht. Gut, ein Hinweis sei erlaubt. Es geht um ein vollkommen anderes Bild, das der Spagat versucht zu überbrücken. Verstanden? Überbrücken! Soll doch schließlich keiner in die Schlucht oder ins Wasser fallen. Oder ist der Spagat dazu gedacht, ebendiese eine Kluft zu überbrücken, damit grundsätzlich etwas möglich wird, was ohne eine Überbrückung unmöglich wäre? Welch ein schöner Gedanke schleicht hier ums Eck?
Hier der Hinweis: Es hat etwas mit der Vergiftung von Geist, Körper und Seele zu tun, damit ein Geheimnis gewahrt bleibt, das so immens und offensichtlich ist, dass es kaum wahrgenommen wird, weil, auch wenn es auf einer riesigen Wand stünde, keiner glauben wollte. Was hilft, ist Abführmittel. Und sei es nur pragmatisch, aber bei weitem nicht zum Schlucken für das Endgedärm. Für den Geist, das ist gemeint. Denn was für den Körper eine Wohltat ist, kann für Geist und Seele nicht minder sein. Es ist nicht online bestellbar und gar kostenfrei. Blöd ist nur, dass, wenn es nichts kostet, nichts taugen kann. Die Bratwurst hat schließlich auch die Krankenkasse bezahlt.
Es geht ums »Loslassen.« Eine solche Übung kostet nichts, benötigt keine Anleitung und keine App. Einfach nur so am Sofa sitzen, Augen zu und den ganzen Rotz mal loslassen. Diese Erfahrung, dass der ganze Blütenzauber nur in Gedanken stattfindet, wird eine Wohltat sein. Vor allem erleichtert das Loslassen enorm, eben wie ein Abführmittel, nur für den Geist. Dann, nach einer Weile, hinaus in die Welt und erneut versuchen, das zu erkennen, was streng unterdrückt und verborgen wird, obwohl es so offensichtlich ist. Tja, Konsum macht eben doch blind. Prösterchen.

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